Warum du Kohlendioxid brauchst, um fit zu sein

(aktualisiert am 1.12.22)

Kohlendioxid (CO2) ist nicht nur ein Abfallstoff bei der Atmung. Es ist der Schlüssel zur Freisetzung des Sauerstoffs in unserem Körper. Etwa 4 % unserer Atemluft beim Ausatmen ist Kohlendioxid. Das heißt, wir atmen pro Stunde im Sitzen etwa 15 – 20 Liter dieses unbrennbaren, farb- und geruchloses sauren Gases aus. Wie gut, dass es Bäume gibt, die sich alle Mühe geben, unser CO₂ durch Fotosynthese in neuen Sauerstoff zu verwandeln.

Wir wissen, dass wir seit langem viel zu viel CO₂ in die Atmosphäre pusten und damit die Erderwärmung immer weiter anheizen. CO₂ Messgeräte werden aktuell überall angeboten, um die Raumluft zu checken (Stichwort Corona). Es gibt jede Menge negativer Schlagzeilen für das Kohlendioxid. Warum du es brauchst, um effektiv zu atmen und fit zu bleiben, dazu mehr in diesem Artikel.

CO2 Atmen
Kohlendioxid ist in Trockeneis, Feuerlöschern, in Getränken als Kohlensäure …

CO2 ist unser Abfall

Kohlendioxid, also CO₂, entsteht als Abfallprodukt, wenn unser Körper Energie fürs Leben produziert. Unsere Zellen brauchen Sauerstoff, um zu funktionieren. Der kommt durch die Einatmung über die Lunge in unser Blut. Damit so ein Sauerstoffmolekül im Blut auch richtig andocken kann, macht das CO₂ seinen Platz frei. Der Sauerstoff kommt rein, das Kohlendioxid geht dafür raus. Es wird durch Alveolen, Bronchien und Lunge wieder heraus geatmet aus unserem Körper. Wie genau unsere Lunge funktioniert, wird in diesem Artikel ganz einfach erklärt.

Kohlendioxid in geringer Konzentration ist also nicht giftig. Bei zu hoher Konzentration kann es jedoch gefährlich werden. Es verändert nämlich den Atemreflex, die Sauerstoffaufnahme in der Lunge und den Sauerstofftransport im Blut.

CO2
So ein Kohlenstoffdioxid-Molekül ist überall …

Warum du Kohlendioxid brauchst

Du brauchst einen gewissen CO₂-Spiegel im Blut, damit dein Körper den lebenswichtigen Sauerstoff auch wirklich aufnehmen kann. Unser Atemreflex, also der Drang zum Einatmen, wird durch das im Blut gelöste Kohlendioxid reguliert. Ein Sensor in unserem Körper (Glomus caroticum) misst das CO₂ im Blut und gibt dann unserem Gehirn Nachricht. Ist das CO₂ im Blut leicht erhöht, gibt unser Atemreflex den Befehl zum Einatmen. Je nach aktueller CO₂-Lage sorgt das Atemzentrum im Hirn dann dafür, dass wir durch schnelleres Atmen unseren Sauerstoffgehalt im Blut erhöhen. Das ist der Grund, warum wir nie aus Versehen „vergessen“ zu atmen.

Steigt die CO₂Konzentration immer weiter, wird der Atemreflex wieder geringer. Am Ende der Skala führen ganz hohe Dosen von Kohlendioxid zum Atemstillstand. Beim Sport atmen wir übrigens hauptsächlich deshalb schneller, weil unsere Muskeln bei Bewegung sehr viel CO₂ produzieren. Das möchte der Körper dann dringend wieder loswerden.

Hyperventilation und Bohr-Effekt

Ein gewisser CO₂-Pegel im Blut ist also nötig, damit der Sauerstoff auch wirklich aus dem Blut in unsere Zellen gelangen kann. Der Bohr-Effekt ist das Phänomen, dass sich der eingeatmete Sauerstoff leichter aus unseren roten Blutkörperchen (Hämoglobin) löst, wenn das Blut einen niedrigeren pH-Wert hat (sauer ist). Blut wird also saurer, wenn es mehr CO₂ intus hat.

Wenn wir zu schnell und viel Luft einatmen, sinkt unser CO₂-Spiegel wieder. Der eingeatmete Sauerstoff kann nicht richtig verwertet werden. Wenn durch zu viel Atmen unser CO₂-Spiegel im Blut zu niedrig ist, verursacht das Gefäßverengungen – auch in den Bronchien. Für den Körper ist die Hyperventilation (diese schnelle, flache Panikatmung) ein Riesenstress. Der Blutdruck steigt, das Herz kommt aus dem Rhythmus. Chronisches zu viel Atmen kann sich in häufigen unbewussten Seufzern und Reizhusten äußern. Allgemeine Muskelverkrampfungen und -schmerzen, Schwindel, Verdauungsprobleme, Müdigkeit, Panikattacken – die Liste der Nebenwirkungen ist lang.

Es gibt einige Atemtechniken im Breathwork, die bewusst mit Hyperventilation arbeiten, um z. B. körperliche Blockaden zu lösen. Ganz wichtig ist hier, achtsam mit dem eigenen Körper umzugehen und direkt danach wieder in eine langsame, tiefe Entspannungsatmung zu gehen.

Hyperventilation heißt auch, dass zu wenig Sauerstoffdioxid im Körper ist. Das Atmen in eine Tüte oder die hohlen Hände (Mund und Nase bedecken) hilft, wieder mehr CO2 einzuatmen.

Zu viel zu atmen ist ungesund

Aber auch ohne Hyperventilation oder chronische Atemwegserkrankungen (wie COPD) atmen wir im Alltag gewohnheitsmäßig häufig zu schnell und zu flach. Dadurch gewöhnt sich unser Körper an zu niedrige CO₂-Pegel. Atempausen halten wir dadurch immer schlechter aus, weil unser Einatem-Reflex schneller einsetzt als eigentlich nötig. Unsere CO₂-Toleranz sinkt.

Wenn du unkontrolliert und zu schnell durch den Mund nach Luft schnappst, wirst du schneller atemlos und fühlst dich schlapp. Du hast mehr Energie zur Verfügung, wenn du dich immer wieder an die reine Nasenatmung denkst. Natürlich ist das bei extremer Belastung kaum möglich. Aber sobald es halbwegs geht, einfach auf Nase umschalten. Dadurch reduziert sich auch das Atemtempo.

Bei Menschen mit Angststörungen kann es übrigens sein, dass die CO₂-Sensoren überempfindlich sind. Zumindest waren die armen Labor-Mäuse völlig angstfrei, als man in einem Versuch ihre eingebauten CO₂-Messfühler lahmgelegt hat.

Panik Atemnot

Mach den Atem-Tempo-Check

Wenn du wissen willst, ob du ein gesundes Atemtempo hast, mache diesen ganz einfachen Test: Zähle einfach deine Atemzüge pro Minute mit Fingern und Handy-Stoppuhr. Liege oder sitze dabei ganz entspannt. Es sollten in Ruhe bestenfalls nicht mehr als 10 Atemzüge pro Minute sein. Gut wären 6 – 8 Atemzüge pro Minute. Wenn du (wie die meisten Menschen in unserer Kultur) mehr als 12 bis 15 Mal atmest, dann ist Atemtraining für dich eine gute Sache.

Wie effizient deine Atmung ist, verrät dir der BOLT-Test (Body Oxygen Level). Am genausten ist er gleich nach dem Aufwachen am Morgen. Du benötigst dazu 10 Minuten und eine Stoppuhr (Handy-Alarm).

  • Halte den Atem an, indem du dir mit den Fingern kräftig die Nase zuhältst
  • Warte, bis deine CO₂-Messfühler Alarm schlagen und du etwas Lufthunger verspürst
  • Du solltest nach der Atempause nicht wild nach Luft schnappen müssen, sondern ruhig weiteratmen können
  • Die gestoppte Atempause sollte ungefähr 20 Sekunden betragen
  • Unter 10 Sekunden Atem anhalten (ohne Luftnot) ist deine Kohlendioxidtoleranz zu gering.
  • Optimal für sportliche Menschen mit gesunden Atemwegen wäre ein BOLT-Wert von ca. 40 Sekunden

Ein Trainingstipp für mehr CO₂-Toleranz

Übe, auch bei leichter Belastung nur durch die Nase zu atmen. Pumpe dich bei der Einatmung nicht mit Luft voll. Wenn du dich gerade nicht körperlich anstrengst, sollte deine Atmung grundsätzlich nicht zu hören sein.

Trainingstipp (à la Buteyko)

  • Mache einen ruhigen Spaziergang in entspanntem Tempo
  • Atme dabei nur durch die Nase
  • Versuche, beim Gehen ruhig und tief zu atmen (Zwerchfellatmung)
  • Atme dann durch die Nase aus und halte deinen Atem an (Atempause)
  • Gehe dann mit verschlossener Nase so viele Schritte wie möglich (ohne einzuatmen)
  • Wiederhole das für ca. 10 Mal, indem du den Atem jeweils 1 x pro Minute beim Gehen anhältst
  • So kannst du deine CO₂-Toleranz sanft trainieren. Bleib dran, viel Erfolg!
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Elena Deppe

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