Elena Deppe bei einem Atemkurs

Der Atem ist mein Anker

(aktualisiert am 25.08.22)

Ein Interview über mein Angebot

Die Ärztin Monika Tempel (Lunge und Psyche) unterstützt auf ihrer Lungencouch Patienten mit Atemwegserkrankungen wie z. B. COPD. Sie hat mich zu meinen Atem- und Chanting-Angeboten befragt. Das ungekürzte Interview findest du auf Monika Tempels Website.

Monika Tempel:
Elena Deppe, auf Ihrer Website präsentieren Sie 111 Sprüche zum Atmen als Geschenk“. Welcher ist Ihr Lieblingsspruch? Es dürfen auch zwei sein …

Elena:
Mein aktueller Lieblingsspruch ist „Gefühle kommen und gehen wie Wolken am Himmel bei Wind. Das achtsame Atmen ist mein Anker im Hier und Jetzt.“ (Thich Nhat Hanh). Der Atem ist so ein wunderbares Werkzeug, um immer wieder in die innere Ruhe zu finden. Die einfachsten Atemübungen sind meiner Erfahrung nach häufig die wirkungsvollsten. Alleine dadurch, durch aufmerksame Beobachtung fließt mein Atem schon ruhiger und wird zu meinem Anker im Sturm.

Gerade wenn ich aufgewühlt bin oder traurig, hilft mir die einfache Atemtechnik des achtsamen Atmens. Ich sage mir innerlich beim Atmen: „Einatmend bin ich mir bewusst, dass ich einatme. Ausatmend bin ich mir bewusst, dass ich ausatme.“ Ich begleite meinen Atem dann ein paar Minuten lang aufmerksam mit den Worten „EIN“ (bei der Einatmung) und „AUS“ (bei der Ausatmung), bis starke und belastende Emotionen sich verwandelt oder aufgelöst haben.

„Der Atem ist der König des Geistes“, (B. K. S. Iyengar), ist ein anderes Zitat, das sich auf den engen Zusammenhang des Atems mit der Psyche, dem Denken und Fühlen bezieht. Durch die einfache Wahrnehmung des Atems, aber auch durch Atemsteuerung wie bei Atemübungen kann ich direkt Einfluss auf meine Gefühle nehmen. Das ist eine große Chance, das eigene Leben bewusst zu gestalten.

Monika Tempel:
Sie schreiben, dass Sie sich selbst durch bewusstes Atmen, entspanntes Singen und sanfte Dehnübungen von gesundheitlichen Beschwerden und starken Asthma-Symptomen befreit haben. Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen interessiert es vermutlich, was für Sie persönlich am hilfreichsten war und welche Erfahrungen Sie an andere Betroffene weitergeben möchten.

Elena:
Neben Cortison-Sprays und dem konsequenten Einsatz der Lippenbremse war für mich das Loslassen meines Leistungsdrucks sehr wichtig. Zu erkennen, dass ich nicht nur wertvoll und liebenswert bin, wenn ich Leistung bringe und gut funktioniere. Ich habe daran gearbeitet, das Wörtchen „muss“ aus meinem Wortschatz zu streichen und es durch „Ich entscheide mich für …“ zu ersetzen. Dadurch habe ich mich weniger fremdbestimmt gefühlt. Genauso wie ich nach und nach gelernt habe, öfter mal freundlich, aber bestimmt „Nein“ zu sagen.

Mehr Pausen einlegen, mich mit den eigenen Grenzen anfreunden, mich selbst liebevoller behandeln, das war auch hilfreich für meine Gesundheit. Ein Prozess, der immer weitergeht …

Mir persönlich hat das Singen sehr geholfen, um aus der Stress-Spirale auszusteigen. Ich habe wieder angefangen, zur Entspannung ganz einfache Lieder aus meiner Kindheit zu singen. Zum Glück habe ich einen Singkreis gefunden, in dem ohne Leistungsanspruch und ohne Noten ganz einfach gesungen wurde. Dazu gab es Lockerungs- und Entspannungsübungen und gelacht wurde auch jede Menge. Das hat mir unglaublich gutgetan.

Über den Verein Singende Krankenhäuser e.V. habe ich mich dann ganz offiziell als Singleiterin ausbilden lassen. Das leistungsfreie Singen in Krankenhäusern, Reha-Kliniken und Pflegeeinrichtungen bringt mit einfachsten Mitteln oft ganz viel Lebensfreude zurück.

Monika Tempel:
Wer mit dem Begriff „Chanten“ nichts anfangen kann, findet auf Ihrer Website mehrere Artikel zu diesem entspannten Singen ohne Noten. Was ist beim Chanten oder Chanting Ihrer Einschätzung nach besonders wirksam? Gibt es etwas, das Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen dabei beachten müssen?

Elena:
Den Begriff „Chanten“ finde ich persönlich nicht so ideal. Er ist ja die eingedeutschte Version vom englischen Begriff „Chanting“, also gesungene Gebete bzw. Mantras. Ich benutze ihn einfach, weil beim Wort „Singen“ bei vielen Menschen die Alarmglocken anfangen zu läuten. Da muss man den Ton halten können, vielleicht sogar Noten lesen, und es sollte möglichst schön klingen.

All das trifft aber eben beim Chanten oder heilsamen Singen nicht zu. In meinen Singkreisen geht es einfach darum, die Stimme für das eigene körperliche und seelische Wohlbefinden einzusetzen. Das ist auch der Kern des „Heilsamen Singens“. Singen wird da als natürliches Urbedürfnis des Menschen begriffen. Wenn wir einfach wieder anfangen zu singen ohne irgendwelche Vergleiche, trotz eventueller Unsicherheiten, Rost auf der Stimme und schlechten Erfahrungen mit Musikunterricht früher in der Schule, spüren wir schnell, wie wirkungsvoll dieses alte „Hausmittel“ ist.

Singen ist auch eine Atemübung. Durch die Verlängerung der Ausatmung beginnt der Körper, nach ca. 20 Minuten entspannt gesungenen Lieblingsliedern nachweislich damit, Stresshormone abzubauen und eine Art hormonellen Glückscocktail (Serotonin, Dopamin) auszuschütten.

Das wurde übrigens schon Ende der 1980er Jahre durch eine Studie der Universität Frankfurt bestätigt, die Speichelproben bei Laien-Sängern vor und nach einer Chorprobe genommen hat. Nach dem Singen waren die Teilnehmer nicht nur besser gelaunt, sondern produzierten auch verstärkt Antikörper zur Immunabwehr (z. B. Immunglobulin-A). Das bloße Hören von Musik hatte dagegen keinen so deutlich positiven Effekt.

Es gibt zum Glück keine Gegenanzeigen für das Singen mit chronischen Erkrankungen wie auch Asthma und COPD. Singen ist Muskelarbeit. Je öfter man die Stimmlippen singend bewegt, desto leichter wird es. Manchmal ist die Stimme allerdings durch Cortison-Sprays etwas rau und schneller heiser.

In der zweiten Lebenshälfte wird die Stimme sowieso meist weniger belastbar, gerade wenn nicht viel gesprochen oder gesungen wird. Häufiges Singen hält die Stimme fit und jung. Ich achte bei meinen Singstunden darauf, dass die Tonlage eher gemütlich und tiefer ist. Wichtig ist auch, dass die gesungenen Phrasen nicht so lang sind, bzw. genügend Atempausen gemacht werden. Der gemeinsame Klang sollte möglichst nicht beurteilt, sondern einfach nur erlebt werden.

Monika Tempel:
In Ihrem Blog-Beitrag zum „Atmen bei Stress“ finden sich Atemübungen, die auch für Patienten mit chronischen Lungenerkrankungen geeignet sind. Welche dieser Übungen ist nach Ihrer Einschätzung die wirkungsvollste?

Elena:
Ich liebe ja Übungen, die die Nasenatmung stimulieren, wie z. B. die wechselnde Nasenlochatmung, die ursprünglich eine Atemtechnik aus dem Yoga ist. Das Atmen durch die Nase führt im Vergleich zur Mundatmung zu einer um 10–15 % höheren Sauerstoffsättigung des Blutes. Dafür verantwortlich ist auch das Gas Stickstoffmonoxid, das in den Nasennebenhöhlen gebildet wird, und unter anderem unsere Bronchien weitet. Die Mundatmung ist ja im Prinzip eine Stressatmung, ein Alarmsignal für unser System. Es ist schon viel gewonnen, wenn wir möglichst nur durch die Nase atmen, wenn wir z. B. ganz ruhig Zuhause auf der Couch sitzen.

Als Erstes sollte aber immer die sichere Beherrschung der Lippenbremse stehen, damit sie ganz automatisch bei körperlicher Belastung eingesetzt wird. Grundsätzlich alle Atemübungen, bei denen die Ausatmung verlängert wird, sind sehr hilfreich – nicht nur für Menschen mit Lungenerkrankungen.

Ich übe oft die Summ-Atmung (bzw. Bienenatmung) mit meinen Teilnehmern. Bei jeder Ausatmung wird ein Summton produziert – mit ganz locker aufeinander gelegten Lippen. Summen ist sehr wirksam, da der Ausatemstrom sanft abgebremst wird. Die Vibration, die beim Summen entstehen, hat zusätzlich eine schleimlösende Wirkung.

Monika Tempel:
Beim Begriff Heilsames Singen waren Sie lange selbst skeptisch – Stichwort: Esoterik. Inzwischen liefern Sie in einem Blog-Beitrag aber gute Gründe, warum Sie „Heilsames Singen“ lieben. Was genau könnte für Patienten mit chronischen Erkrankungen heilsam wirken beim „Heilsamen Singen“?

Elena:
„Heilsam“ ist ja eigentlich ein schönes Wort. Was vor allem „heilsam“ wirkt, ist das gemeinsame Singen in der Gruppe, und die bewusste Auswahl der Lieder. Es sind ganz einfache Texte und Melodien, die gute Laune machen und die Verbundenheit in der Gruppe fördern, die aber auch Themen wie Selbstakzeptanz und liebevolle Selbstannahme berühren.

Ein Kernpunkt ist hier, nicht möglichst „schön“ singen zu wollen und eine Aufführung vorzubereiten, sondern die reine Freude am Singen selbst. Einfach in den allgemeinen Klang mit einstimmen und jeden nicht ganz getroffenen Ton als „Variation“ und nicht als Fehler zu begreifen …

Auf der Website von Monika Tempel findest du viele weitere Artikel über den Zusammenhang von Lunge und Psyche, interessante Begriffe der Psychopneumologie werden klar und wissenschaftlich fundiert erklärt: von Atemnot und Ängsten, über Fatigue bis Optimismus.

Ich freue mich, wenn du öfter mal singst – alle Lieder, die dir einfallen. Manchmal kommen beim Duschen, putzen oder kochen auch eigene kleine Melodien heraus. Entspanntes Summen ist auch ganz einfach und wirkungsvoll. Wenn du mehr Inspiration von mir haben möchtest, wie du deine Stimme und deinen Atem im Alltag für dich nutzen kannst, melde dich hier für meinen kostenfreien Newsletter an.

Elena Deppe

Kommentar verfassen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Nach oben scrollen
Cookie Consent Banner von Real Cookie Banner